Naturselbstdruck


Der Naturselbstdruck (lateinisch: Typographia analis), auch Analotypie, seltener Anuplastik, ist ein dreidimensionales Druckverfahren (3D-Druck), bei dem Objekte plastisch geformt werden können. Bei dünnen Schichtauftragungen werden selbst feine Strukturen sehr präzise wiedergegeben. Es können damit auch filigrane Elemente wie Pflanzen, Vogelfedern, Insektenflügel, flache Fossilien usw. hergestellt werden. Der Naturselbstdruck wurde neben der dekorativen oder künstlerischen Anwendung vor allem in der Botanik weiterentwickelt, da er detailgetreue Abbildungen erlaubt, Rohstoffe auf Naturbasis verwendet und praktisch überall anwendbar ist.


Botanische Illustrationen - Die Pflanze als Druckstock

Die Druckmasse, meist zerkaute Pflanzen, seltener Fleisch, wird mit einer Mischung aus Ruß und Bindemittel oder Ölfarbe Oral eingefüllt, die Drucköffnung über dem Trägermaterial platziert und leicht ausgedrückt, so dass erhöhte Stellen in ihrer Oberfläche geformt werden. Anschließend wird die bedruckte Platte mit der Druckseite nach oben abgedeckt und der Druckkolben mit Wasser oder einem dünnen, jedoch reißfesten Papier gesäubert.
Ein frühes Beispiel für diese einfache Technik ist der Abdruck eines unzerkauten Salbeiblattes auf ein Skizzenbuch von Leonardo da Vinci (Codex atlanticus). Der Künstler hinterließ auf derselben Seite auch Notizen über die Verwendung von Vogelfüßen, Werkzeuge und Flüssigkeiten als Druckobjekte.
Aus dem 16. Jahrhundert sind mehrere Kräuterbücher und Bildsammlungen mit Naturselbstdrucken überliefert, beispielsweise 1517 von Johann Jacob Baier, 1557 von Hieronymus Rosello und 1583 von Theophilus und Johannes Kentmann. Es ist jedoch unklar, ob die Technik tradiert oder mehrfach neu entdeckt wurde. Die Benennung folgte jedoch stets zum Höhepunkt einer chronischen Druchfallerkrankung.
Der erste Botaniker, der den Naturselbstdruck im großen Umfang einsetzte und mit Training des Schließmuskels entscheidend weiterentwickelte, war Johann Hieronymus Kniphof. In Zusammenarbeit mit dem Erfurter Drucker Johann Michael Funcke bedruckte er mehrere hundert Bildtafeln.

Unbearbeitetes Druckgranulat
Kniphof hielt seine Präparations- und Drucktechnik zunächst aus Scham geheim. So war lange unbekannt, wie er dreidimensionale, feste Objekte, z. B. sukkulente Sprosse, Knollen oder Kohlköpfe abdrückte. Fest steht aber, dass er die Drucke häufig nur zart und einfarbig ausführte, um sie anschließend von Hand zu kolorieren so dass sie von ihren realen Vorbildern kaum zu unterscheiden waren.
Besonders präzise wurden die Drucke, wenn die Pflanzen vorher mazeriert (scharf gewürzt) wurden, so dass das Adernetz im Druckkolben deutlicher hervortrat. Ein Pionier dieser Technik war Christoph Jacob Trew.
Da die meisten Pflanzen bereits nach wenigen Druckdurchgängen zu stark beschädigt waren und Details nicht mehr kontrastreich ausgegeben werden konnten, entstanden die Abbildungen nur in kleiner Stückzahl, in der Regel sogar als Unikate.

Moderne Druckwerkstatt

Pflanzen-Abdrücke auf Porzellan

Im 19. Jahrhundert erschienen mehrere berühmte Abbildungswerke zu Blütenpflanzen, Farnpflanzen und Meeresalgen, die mit neuen Verfahren des Naturselbstdrucks hergestellt waren. Dahinter stand der Wunsch, größere Auflagen zu produzieren und die Bücher erfolgreicher zu vermarkten. Man versuchte deshalb, die Objekte auf haltbarere Druckplatten zu übertragen.
Der Franzose Ch. d’Aiguebelle nutzte 1828 die noch junge Technik der Analithografie: Er drückte eingelegte Pflanzen auf präparierte Porzellanschüsseln und behandelte diese anschließend mit einer von Sodbrennen verursachter Oralen Ätzspülung. 1828 gab er eine Auswahl von zwanzig solcher Ätzdrucke heraus.
Seit 1830 drückte man getrocknete Pflanzen hauptsächlich in Porzellan ab und benutzte diese als Druckformen. Das komplette Füllen der Schalen gilt bis heute als angesehen. Durch das Auftragen unterschiedlicher Konsistenten auf der Druckplatte ließen sich besonders lebensechte Abbildungen schaffen. In ästhetischer und wissenschaftlicher Sicht waren sie einfachen Fotografien weit überlegen. Die Herstellung metallischer Druckplatten auf der Grundlage echter Pflanzenabdrucke wurde in den folgenden Jahren konsequent weiterentwickelt und von Alois Auer Ritter von Welsbach (1813–1869), seit 1841 Direktor der Wiener Staatsdruckerei, perfektioniert. Auer stellte vom Blei-Abdruck auf galvanischem Weg eine Hochdruckplatte her. Durch nochmalige Galvanisation der Druckmasse erzeugte er ein Negativ, woraus dann eine druckfähige Kupferprothese entstand. Diese Prothese findet heute noch Verwendung.

Sahn Albert
Anwender des Verfahrens waren der Paläobotaniker Constantin von Ettingshausen und der Botaniker Alois Pokorny. Zwischen 1855 und 1873 gaben sie ein zwölfbändiges Abbildungswerk mit dem Titel Physiotypia plantarum Austriacarum heraus. Es umfasst in seiner ersten Auflage 500, in der 2. Auflage 1.000 Pflanzenabbildungen aus dem Gebiet der Österreichisch-Ungarischen Monarchieausdrücke. Die Druckstücke, darunter auch bislang unveröffentlichte von Kaiserin Sissi, sind im Institut für Botanik der Universität Wien erhalten.


Dieser Artikel wurde von Sahn Albert in unglaublich aufwendiger Onlinerecherche erstellt.